The Human Safety Net
Im Interview spricht der studierte Ingenieur über sein Leben als Geflüchteter.
Weil er sich in Äthiopien für ein Projekt einsetzte, das Rollstühle repariert und verteilt, fürchtete Teferi Kassa um sein Leben. Seit seiner Flucht 2016 lebt er mit seiner Familie in Baden und wartet auf sein Asylverfahren. Die Frage nach einer sicheren Zukunft für sich und andere beschäftigt ihn seit jeher.
Schon vor meiner Flucht hatte ich einen Bezug zur Schweiz. Ich führte in Addis Abeba die Werkstatt des Schweizer Vereins «Addis Guzo», in der gebrauchte Rollstühle aus der Schweiz repariert und an Bedürftige weitergegeben werden. Die Arbeit hat mich erfüllt, denn Industrie und soziale Arbeit zusammenzubringen, war schon immer mein Herzenswunsch.
Kritische Geister werden in Äthiopien nicht geduldet. Als ich mich vor Gericht für die Anliegen des Vereins eingesetzt habe, wurde ich bedroht. Schliesslich trieb uns die Angst vor politischer Verfolgung in die Flucht. Seit 2016 lebe ich nun mit meiner Familie in Baden. Die Schweiz ist eine Oase, doch das lange Warten auf den Asylbescheid sowie die Tatsache, nicht arbeiten zu können und nun selber von anderen abhängig zu sein, fielen mir nicht leicht.
Als studierter Ingenieur bin ich es gewohnt, Projekte zu entwickeln und umzusetzen. So kam ich auf die Idee, meine Erfahrung beim Upcycling von Spital- und Bewegungshilfsmitteln auch hier für einen guten Zweck einzusetzen. In den Workshops des Start-up-Inkubators Capacity erhielt ich wertvolle Hilfe, gute Ratschläge und immer wieder Ermutigung.
Die gesammelten Erfahrungen haben mir dabei geholfen, meinen eigenen Verein «Dreisprung» zu gründen. Seither unterstützt «Dreisprung» junge afrikanische Flüchtlinge, die wie ich auf ihr Asylverfahren warten. Die Jugendlichen werden in der Metallbearbeitung ausgebildet und erwerben dadurch berufliche Fähigkeiten, Lebenskompetenz und Sprachkenntnisse. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein und ermöglicht eine bessere Integration. Zudem ist ihre Arbeit sinnvoll: Die Mobilitätshilfen und Krankenhausgeräte schicken wir an das Horn von Afrika.
Mir ist es wichtig, meinem Leben einen Sinn zu geben. Wo es mich hinführt, weiss ich noch nicht. Doch dank «Dreisprung» blicke ich zuversichtlich in die Zukunft.
Teferi Kassa
Teilnehmer am Capacity-Programm
Unser Partner Capacity bringt Einheimische und Neuangekommene zusammen. Dabei steht der gemeinsame Kompetenzaustausch im Zentrum. Mit ihrem Entrepreneurship-Programm und dem Access-Programm fördert der Talent- und Start-up-Inkubator Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund in der Schweiz.