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Die besten Tipps einer Leseanimatorin, passend zum Schweizer Vorlesetag.
Schon direkt nach der Geburt entwickeln Kleinkinder ein Gefühl für Sprache. Leseanimatorin SIKJM Marlies Mertl erklärt, wie Eltern beim Vorlesen die Sprache ihrer Kinder fördern und so eine ideale Basis für später schaffen können.
Mein Arbeitsalltag besteht aus zwei Bereichen. Zum einen arbeite ich direkt mit Kindern und erzähle ihnen Geschichten in Mundart, die ich mit Liedern, Versen oder Spielen anreichere. Ich lese nicht nur vor, sondern ermögliche ein gesamtheitliches Erlebnis. So führe ich kleine Kinder lustvoll an Bücher heran. Wenn sie später in der Schule lesen lernen, erinnern sie sich daran, dass Bücher etwas Schönes, Spannendes sind.
Ich gebe mein Know-how und meine Erfahrungen weiter an Erwachsene, die beruflich mit Kindern zu tun haben. Zum Beispiel in Kitas, Spielgruppen oder Bibliotheken. Es geht darum, den Interessierten zu zeigen, wie sie ein literarisches Umfeld gestalten können, in dem sich schon die Kleinsten wohlfühlen. Es ist ein Geschenk, in Kindergesichter zu schauen, wenn sie bei einer Geschichte so richtig mitfiebern.
Allein die Tatsache, dass man sich zu zweit, dritt oder viert eine Auszeit aus dem Alltag nimmt und sich aufs Bett oder Sofa kuschelt, vermittelt Geborgenheit, emotionale Zuwendung und Sicherheit. Beim Zuhören, wenn jemand vorliest und erzählt, lernen schon die Jüngsten unbewusst viel über Rhythmus und Melodie von Sprache oder über den Aufbau einer Geschichte.
Schon von Geburt an. Vorlesen ist ja nicht nur etwas Technisches. Schon ein Baby im Tragetuch spürt die Melodie der Sprache, wenn die Mutter oder der Vater erzählt. Etwa mit 6 Monaten fängt bei Kleinkindern das Interesse an Bücher an – auch wenn sie in erster Linie noch ein Spielobjekt sind, in das man reinbeissen kann. Übrigens: Nur weil ein Kind endlich selber lesen kann, sollten Sie nicht mit dem Vorlesen aufhören. Geniessen Sie diese wertvolle Zweisamkeit auch mit älteren Kindern.
Studien belegen, dass Kinder, denen schon früh vorgelesen wird, später einen einfacheren Start in den Prozess des Lese- und Schreibenlernens haben. Sie können die Sprache Ihres Kindes ganz einfach fördern, denn das geschieht im Alltag automatisch. Reden und erklären Sie beim Spielen, Kochen oder Spazieren. Wer im Dialog mit dem Kind ist, kann nichts falsch machen. Man sollte ein Kind in Worten baden!
Er gibt dem Vorlesen eine Relevanz, denn es wird in Institutionen, Familien oder in der Schule medienwirksam thematisiert. Auch dank der prominenten Paten – wenn Stadtpräsidenten, Fussballer oder Moderatorinnen vorlesen, dann hat das eine wertvolle Vorbildfunktion.
Marlies Mertl
Leseanimatorin SIKJM